Pranayama (Zurückhalten der kosmischen Energie)

Leben ist Atem und Atem ist Leben. Die richtige Atmung hat eine überragende Bedeutung für jeden in allen Lebensbereichen, denn Atem, Körper und Geist stehen in gegenseitiger Beziehung.

Prana oder die kosmische Energie

Ein Yogi zählt die Lebensdauer nach der Anzahl seiner Atemzüge. Die weisen Yogis Indiens konnten viele Krankheiten verhindern, sie haben ihren Geist entwickelt und einen hohen spirituellen Bewußtseinszustand erreicht.

Auch Menschen, die ein Familienleben führten, gaben der Atmung in ihrem täglichen Leben eine besondere Beachtung. Sie waren verdienstvoll, besaßen gute Gesundheit, Wohlstand, Reinheit, Frieden und Glück.

Pranayama ist die vierte Stufe des Astanga-Yoga. Wenn man in den asanas gefestigt ist, erfolgt pranayama. Das ist die Kontrolle des Atems durch die Unterbrechung der Ein- und Ausatmung.

Die Yogis sagen, daß die richtige Atmung (Kehlkopfatmung) ein Teil von pranayama ist.

Prana bedeutet weder Sauerstoff noch Atem, sondern es ist die kosmische Lebensenergie, welche überall existiert. Ayama bedeutet zurückhalten. Pranayama ist das Zurückhalten oder Speichern der Lebensenergie. Dies kann unter anderem durch die richtige Art des Atmens erreicht werden.

Prana kann durch Nahrung, Wasser, Sonnenlicht und Luft aufgenommen werden. Durch jede Handlung wird prana verbraucht, dies sowohl durch körperliche Bewegungen als auch durch geistige Aktivitäten, besonders aber durch emotionale Ausbrüche. Prana ist die Brücke zwischen dem physischen Körper und dem Astralleib. Wenn sich das prana in den Astralkörper zurückgezogen hat, dann tritt der Tod des physischen Körpers ein.

Im ganzen Körper werden Geist, Intelligenz, Ego und die grobstofflichen Elemente von prana gesteuert. Prana befindet sich im Gehirn. Durch prana wird dieser Körper aufgebaut, entwickelt und ernährt. Prana bewegt die Zellen, das Gewebe sowie die Muskeln des Körpers und bringt Empfindung in alle Glieder.

Der Nutzen der Pranayama-Übungen:

Die Vitalkapazität ist das Volumen Luft, das nach maximaler Einatmung wieder ausgeatmet werden kann. Durch pranayama-Übungen vergrößert sich die Vitalkapazität. Lungen und Zwerchfell werden gekräftigt.

Durch den Gasaustausch in der Lunge wird das Blut gereinigt. Zwei Drittel der eingeatmeten Luft nehmen am Gasaustausch teil. Der Sauerstoff wird durch das Blut von der Lunge zum Gewebe transportiert, und das Kohlendioxyd wird vom Gewebe zur Lunge transportiert. Durch bestimmte pranayama-Übungen kann man bei jedem Atemzug mehr Sauerstoff aufnehmen und mehr Kohlendioxyd abgeben. Dadurch wird es möglich, das Blut besser zu reinigen und langsamer zu atmen.

Während eines Atemzuges schlägt der Puls viermal. Durch langsames Atmen beruhigt sich die Herztätigkeit. Man erfährt einen Zustand tiefer Entspannung und Gelöstheit, in dem sich auch das Nervensystem erholt. Man bekommt guten Appetit und eine schöne Erscheinung. Viele Krankheiten können durch pranayama-Übungen geheilt werden.

Pranayama-Übungen erhöhen sogar die Lebensdauer.

Je langsamer man atmet, desto mehr kann man die Lebensenergie speichern und dadurch die Lebensspanne verlängern. Umgekehrt verliert man mehr Lebensenergie oder prana, und das Leben verkürzt sich, wenn man häufiger bzw. schneller atmet.

Pranayama-Übungen verstärken die Geisteskraft und entwickeln verschiedene psychische Qualitäten. Sie fördern Mut, Geduld, Unterscheidungsvermögen, Entscheidungskraft, Konzentration, Willenskraft und Zufriedenheit. In jeder Situation des Lebens erfreut man sich an einem ausgewogenen Geisteszustand.

Pranayama-Übungen nehmen schlechte Gedanken hinweg und ermöglichen dem Übenden, sehr schnell eine gute Konzentration in der Meditation zu erhalten. Wer den Atem unter Kontrolle hat, kann auch das Selbst (hier: jiva, die verkörperte Seele) kontrollieren. Pranayama-Übungen helfen, kundalini sakti zu erwecken und sie zum Aufsteigen durch den susumna nadi zu bewegen. Dadurch erfahren die Übenden verschiedene Visionen. Letztendlich verschmilzt die individuelle göttliche Seele (atma) im Zustand des samadhi mit der allumfassenden göttlichen Seele (paramatma).

Einige praktische Anweisungen für das Üben von Pranayama

 Pranayama sollten Sie regelmäßig und streng üben. Unterbrechen Sie Ihre regelmäßige Übungen nur dann, wenn Sie krank sind. Denn wenn Sie nicht regelmäßig üben, können Sie auch das angestrebte Ergebnis nicht erreichen.

Dazu gehört eine maßvolle, ordentliche Ernährung und angemessene Ruhe. Außerdem sollten Sie zu viel Sprechen, zu viel Schlaf und übermäßigen Geschlechtsverkehr vermeiden, denn dies sind Hindernisse für die pranayama-Übungen.

Üben Sie pranayama in einem Zustand völlig geistiger Zufriedenheit und lassen Sie die Gesichtsmuskeln locker. Pranayama sollten Sie auch dann üben, wenn Sie Depressionen haben. Dies wird Ihnen helfen, wieder fröhlich zu werden.

Unmittelbar nach dem Üben von pranayama sollten Sie nicht baden oder duschen. Warten Sie damit mindestens eine halbe bis eine Stunde.

Verlängern Sie die Zeitspanne, in der Sie einatmen, ausatmen oder den Atem anhalten, niemals über die eigene Kapazität hinaus, sonst wird der ganze Rhythmus gestört. Sie sollten die Übungen stets als leicht und angenehm empfinden. Auf keinen Fall sollte ein Druck in Herz oder Lungen entstehen. Passen Sie das Einatmen, das Anhalten des Atems und das Ausatmen Ihren eigenen Möglichkeiten an, und erhöhen Sie die Zeitspannen nur allmählich.

Alle pranayama-Übungen, auch die einfachen dürfen nur unter Anleitung eines erfahrenen Lehrers geübt werden.

 

(Aus unserem Yogalehrbuch "Yogamrita" von Yogi Paramapadma Dhiranandaji)